Dienstag, 17. Januar 2012

Drachme als Notgeld

Ob verschiedene Parallelwährungen auf Dauer praktikabel sind, muss sich in der Praxis zeigen. Für die griechische Gesellschaft braucht es schnelle Lösungen. Ein Vorschlag ist die umlaufgesicherte Zweitwährung, wie sie in einem Leserbrief der Stuttgarter Zeitung erwähnt wird. Die INWO tritt für eine dauerhaft nachhaltig funktionierende Währung ein, die Parallelwährungen überflüssig macht. Bis dies mit dem Euro erreicht ist, sollten aber auch andere Wege beschritten werden.
 Klaus Willemsen


Drachme als Notgeld
Griechenland braucht die Drachme, aber nicht statt des Euro, sondern neben dem
Euro. Es braucht eine bessere Konjunktur, um die Probleme im Staatshaushalt lösen
zu können. Aber in Griechenland kann das Wirtschaftswachstum nicht mehr mit
Staatsausgaben, sondern nur noch mit geldpolitischen Maßnahmen gefördert
werden, die die private Nachfrage ankurbeln. Solche Maßnahmen sind nicht nur nach
einem Austritt aus der Währungsunion möglich, sondern auch beim (vorläufigen)
Verbleib, der die Austrittsprobleme erspart. Eine andere Geldpolitik wäre mit einem
Notgeld möglich, das neben dem Euro als Zahlungsmittel im Inlandsverkehr zur
Verfügung steht.
Vorbild kann das Regiogeld sein, dessen in Deutschland bekanntestes Beispiel der
Chiemgauer ist, der im Chiemgau ebenfalls neben dem Euro umläuft. Das
Wertverhältnis zum Euro ist 1:1; das erspart eine doppelte Preisauszeichnung; alle
Verträge lauten weiter auf Euro. Die Anregung der privaten Nachfrage erfolgt nicht
mit Abwertung und Inflation, wie sie mit einer nationalen Währung gemacht werden
könnten, sondern durch Geldhaltegebühren für das Notgeld. Der Gesetzgeber
könnte sein Notgeld nicht nur Drachme nennen, sondern ihm neben dem Euro als
gesetzliches Zahlungsmittel anerkennen. Der Staat könnte Gehälter und Renten in
der Drachme tätigen und diese auch annehmen, wenn Steuern zu bezahlen sind. Die
Drachme würde wegen der Geldhaltegebühren von niemand gehortet, sondern von
allen unverzüglich wieder ausgegeben. So könnte steigende private Nachfrage die
zurückgehende Staatsnachfrage nicht nur ausgleichen, sondern die
Gesamtnachfrage erhöhen, bis Vollbeschäftigung eintritt.

Artikel aus der STUTTGARTER ZEITUNG
STADTAUSGABE (Nr. 12)
vom Montag, den 16. Januar 2012, Seite Nr. 32
"Deep-Link"-Referenznummer '3acf03a4-3de7-11e1-8c0cfe7d7d36f3da'
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16.01.2012 18:52